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Warum Pferde nicht geritten werden sollten und welche gesundheitlichen Schäden sie durch das Reiten erleiden

Dr. Maksida Vogt

Aktualisiert: 28. Feb.




Das Reiten von Pferden ist eine weit verbreitete Praxis, doch nur wenige Menschen hinterfragen die Auswirkungen auf die Gesundheit des Pferdes. Anatomisch, biomechanisch und psychisch sind Pferde nicht dafür gemacht, einen Reiter zu tragen.


1. Anatomische Belastung – Pferde sind nicht als Reittiere geschaffen


Pferde haben eine von Natur aus lange und relativ schwach bemuskelte Wirbelsäule. Anders als viele Menschen glauben, ist der Pferderücken nicht für das Tragen von Lasten ausgelegt. Selbst mit einem gut passenden Sattel verursacht das Reiten eine unnatürliche Belastung.

  • Die Dornfortsätze der Wirbelsäule liegen eng beieinander und können durch den Reiterdruck aneinanderreiben, was zu schmerzhaften Veränderungen (Kissing Spines) führt.

  • Der Brustkorb ist nicht dafür gemacht, Gewicht von oben zu tragen, sondern wird durch Muskeln und Faszien stabilisiert. Ein Reiter bringt hier einseitige Belastungen ein.

  • Die Gelenke und Sehnen werden übermäßig beansprucht, insbesondere bei schnellen Gangarten oder harten Untergründen.


2. Schäden an der Wirbelsäule und Muskulatur


Durch das Reiten entstehen oft Verspannungen und Schäden an der Muskulatur und der Wirbelsäule:

  • Druck- und Scheuerstellen durch Sättel, die niemals perfekt passen können.

  • Muskelatrophie (Rückbildung der Muskulatur), da sich Pferde mit Reiter oft in einer Schonhaltung bewegen und das Gewebe lange Zeit unter Druck steht.

  • Fehlbelastungen und Blockaden, die zu Dauerschmerzen und Einschränkungen der Bewegung führen. Jedes konventionell gerittenes Pferd hat sie.

Besonders problematisch ist, dass Pferde Schmerz oft lange verbergen, da sie Fluchttiere sind.


3. Atemprobleme durch Reitdruck auf den Brustkorb


Der Sattelgurt schnürt den Brustkorb des Pferdes ein. Dieser Punkt ist in der Tat sehr unterschätzt oder gar nicht beachtet. Dies beeinträchtigt:

  • Die Lungenkapazität – das Pferd kann nicht mehr frei atmen.

  • Die natürliche Bewegung des Brustkorbs, was zu Verspannungen in der Rippenmuskulatur führt.

  • Den Stoffwechsel und die Sauerstoffversorgung – das Pferd kann seine volle Leistung nicht entfalten und wird schneller müde.


4. Psychischer Stress durch das Reiten


Pferde sind von Natur aus freiheitsliebende Lauftiere. Ein Reiter auf dem Rücken schränkt ihre Bewegungsmöglichkeiten massiv ein und führt konventionell geritten zum Stress:

  • Unterdrückte Instinkte: Pferde können sich nicht so bewegen, wie es ihrer Natur entspricht.

  • Fluchtverhalten wird blockiert: Sie müssen trotz Angst oder Unwohlsein gehorchen.

  • Erzwungene Unterwerfung: Pferde lernen, Schmerzen und Unbehagen zu ignorieren, um Strafen zu vermeiden.

Viele „unerzogene“ oder „widersetzliche“ Pferde zeigen in Wirklichkeit nur Abwehrreaktionen gegen Schmerzen oder Unwohlsein.


5. Spätfolgen – Das Reiten hinterlässt bleibende Schäden


Pferde, die über Jahre geritten wurden, zeigen fast immer folgende gesundheitliche Probleme:

  • Arthrose und Gelenkschäden durch Überlastung.

  • Rückenprobleme und Kissing Spines durch permanenten Druck.

  • Chronische Verspannungen und Schmerzsymptome.

  • Früher Verschleiß und verkürzte Lebensdauer durch unnatürliche Beanspruchung.

Viele „austherapierte“ Pferde sind eigentlich nur Opfer einer jahrelangen Fehlbelastung.



Es gibt mehrere wissenschaftliche Studien, die sich mit den gesundheitlichen Auswirkungen des Reitens auf Pferde befassen:


  1. Überlastung durch das Reitergewicht: Eine britische Studie unter der Leitung von Dr. Sue Dyson untersuchte die Auswirkungen unterschiedlicher Reitergewichte auf Pferde. Die Ergebnisse zeigten, dass ein zu hohes Reitergewicht zu Lahmheiten und Unwohlsein bei Pferden führen kann. Insbesondere wurde festgestellt, dass Pferde unter schwereren Reitern Anzeichen von Schmerzen und Unbehagen zeigten.

    pferderevue.at


  2. Rückenprobleme bei Reitpferden: Eine Schweizer Studie analysierte 248 Pferd-Reiter-Paare und stellte fest, dass Rückenprobleme bei Reitpferden weit verbreitet sind. Die Untersuchung zeigte, dass viele Pferde unter Rückenbeschwerden leiden, die mit dem Reiten in Verbindung stehen.

    propferd.at


Diese Studien verdeutlichen, dass das Reiten, insbesondere unter bestimmten Bedingungen oder Trainingsmethoden, erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen für Pferde mit sich bringen kann. 1. Rückenprobleme und „Kissing Spines“
  1. Jeffcott, L.B. (1979). „Back Problems in the Horse – A Look at Some Issues.“ Equine Veterinary Journal, 11(3), 129–136.

    • Pionierarbeit, die die grundlegenden Ursachen von Rückenproblemen bei Pferden beleuchtet. Beschreibt anatomische Besonderheiten des Pferderückens und erwähnt die Belastung durch Reitergewicht als einen Risikofaktor.

  2. Townsend, H.G.G., Leach, D.H., Fretz, P.B. (1986). „Kissing Spines in the horse: Morphometric, histopathologic, and dynamic evaluation of the interspinous spaces of the equine thoracolumbar vertebrae.“ Equine Veterinary Journal, 18(4), 201–208.

    • Untersucht die „Kissing Spines“-Problematik und legt dar, dass das Reitergewicht und das daraus resultierende Hohlkreuz bzw. die unnatürliche Rückenhaltung das Entstehen dieser Wirbelberührungen begünstigen können.

  3. Dyson, S. (2002). „Diagnosis and Management of Back Pain in the Horse.“ Clinical Techniques in Equine Practice, 1(2), 88–100.

    • Umfassende Übersicht zu Rückenbeschwerden, diagnostischen Methoden und Management. Diskutiert u. a., wie Reitweise, Trainingsmethoden und Sattelpassform Rückenschäden fördern können.


2. Biomechanik und Belastung durch Reiter


  1. Clayton, H.M. (2004). The Dynamic Horse: A Biomechanical Guide to Equine Movement and Performance. Sport Horse Publications.

    • Dieses Buch bietet einen umfassenden Einblick in die Bewegungsabläufe des Pferdes. Zwar ist es kein expliziter „Anti-Reit“-Text, zeigt aber detailliert, wie sich das Reitergewicht auf Biomechanik und Rücken auswirken kann – insbesondere bei mangelhafter Reitweise oder schlechter Sattelpassform.

  2. Weishaupt, M.A. et al. (2006). „Effect of head and neck position on kinematics of the back in horses trotting on a treadmill.“ Equine Veterinary Journal, 38(S36), 445–451.

    • Diese Studie zeigt, wie Haltungen und Einwirkungen durch Reiterhand und -sitz (z. B. Aufrichtung, Biegung) die Rückenbewegung verändern können. Indirekt lassen sich daraus Folgerungen über potenzielle Überlastung ziehen.


3. Orthopädische und muskuläre Belastungen

  1. Peham, C. et al. (2001). „Influence of the rider on the variability of the equine gait.“ Human Movement Science, 20(6), 711–721.

    • Analysiert die Veränderungen im Bewegungsmuster des Pferdes durch den Reiter. Höhere Variabilität kann auf Stress oder Fehlbelastungen hinweisen.

  2. De Cocq, P., Clayton, H.M., ter Braake, H., et al. (2010). „Effects of girth, saddle and weight on movements of the horse’s back.“ Equine Veterinary Journal, 42(S38), 459–465.

    • Untersucht die Auswirkung verschiedener Faktoren (u. a. das Gewicht des Reiters, Sitz des Sattels) auf die Rückenmuskulatur und Wirbelsäulenbewegung.

  3. Rhodin, M. et al. (2009). „Head and neck position in the horse during different exercises: A biomechanical study.“ Equine Veterinary Journal, 41(3), 281–287.

    • Zeigt, wie verschiedene Haltungen unter dem Reiter die Biomechanik verändern können, was wiederum zu Überlastung bestimmter Strukturen führt.


4. Zusammenfassung und Relevanz

  • Forschungsarbeit von Dr. Maksida Vogt und Academia Liberti - Schäden durch das Reiten

  • Selbst korrektes Reiten bedeutet für Pferde eine zusätzliche Last, die – je nach Gesundheitszustand und Anatomie – den Körper des Pferdes mehr oder weniger stark beansprucht.

  • Schonung oder verantwortungsbewusstes Training mit Blick auf die natürliche Anatomie des Pferdes (inkl. passendem Sattel, Rückentraining, Pausen etc.) kann Schäden minimieren, aber nicht gänzlich ausschließen.


Wer sich mit möglichen Schäden durch das Reiten befasst, sollte sich in diesen Studien und Büchern mit der Biomechanik des Pferdes, den möglichen Fehlbelastungen sowie den konkreten Folgen für Gelenke, Muskulatur und Wirbelsäule auseinandersetzen.



Fazit: Pferde sind keine Reittiere

Das Reiten ist aus menschlicher Perspektive vielleicht schön, für das Pferd bedeutet es jedoch fast immer Leid. Wer Pferde wirklich liebt, sollte ihre Natur respektieren, ihnen Freiheit geben und sie nicht als Sportgeräte nutzen. Ein harmonisches Miteinander ist auch ohne Reiten möglich – durch Beobachtung, Bodenarbeit, Kommunikation und gemeinsame Bewegung in Freiheit.

 
 
 

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