Wissen wir noch was dieses heißt? Erinnern wir uns, oder ist dieses vollkommen aus unserem Gefühl verschwunden? Wenn man sich die Pferdehaltung unsere Tage anschaut, dann könnte man meinen, es ist verschwunden. Wie anderes kann man sich die Ställe erklären in den wir unsere Pferde als Gefangene hinter Gittern halten, wie kann man sich die minimalen Koppeln erklären, auf welchen unsere Pferde tagein tagaus stehen und existieren? Ja, es ist nur noch ein Existieren… es ist kein Leben.
Fangen wir von Vorne an. Das Domestizieren macht das Pferd seinem ursprünglichem Lebensraum, der Steppe, und seiner Lebensart gegenüber lebensunfähig. Es ist nur für den Menschen von Vorteil, den es macht die Pferde umgänglicher, leichter zu halten, zu reiten und einzuspannen und damit leichter zu misshandeln. Und das wollten die Menschen seit jeher, das Pferd sollte möglichst viel leisten ohne viele Ansprüche an seine Haltung zu stellen. Die Pferdehaltung in den Ställen ist ein ganz normaler Zustand für uns. Aber fragen wir uns doch, warum halten wir unsere Tiere in den Ställen und Boxen? Weil es für uns sicherer, bequemer und billiger ist. Es gibt keinen anderen Grund und kein dieser Gründe berücksichtigt die Bedürfnisse des Pferdes. Die Pferde brauchen keinen Stall, wir brauchen ihn. Noch schlimmer als das. Wir machen unsere Pferde krank. Viele Erkältungen und Entzündungen sind auf warme Ställe und Bedeckungen zurück zu führen. Wir decken unsere Pferde ein damit sie kein Winterfell bekommen, das Fell was sie aber zum Schutz brauchen. Und so trifft man eingedeckte Haflinger mitten in Allgäu… Wir entstellen diese wunderbare Tiere, pflegen sie zu Tode, schneiden ihren Kotenbehang der die Fesselbeugen vor Nässe schützt, schneiden die Mähne die das Tier zum Schütz braucht, schmirgeln das natürliche Fett von der Pferdehaut mit der Kardätsche, welches das Tier gegen Unterkühlung schützt, befreien die Hufe von Lehm, der das beste Hufpflegemittel ist, zerstören Thermoregulation der Haut mit Eindecken, scheren das Fell. Wir missbrauchen sie. Wir machen unsere Pferde krank.
Wir müssen endlich aufwachen…Wir müssen uns bewusst machen, dass kein Aufwand, auch nicht die Sauberkeit und Heu bis zu den Knien wird je einem Boxenpferd die Weide ersetzen. Nur dort kann es gesund bleiben und Pferd sein. Denn die Pferde haben Ansprüche, und sie haben Bedürfnisse, die wir mit Füßen treten. Damit ein Pferd artgerechtes Leben führen kann, muss es sich im wahrsten Sinne des Wortes als Pferd fühlen können. Das Pferd muss draußen auf der Weide im Herdenverband geboren werden und aufwachsen. Es sollte von der Leitstute und dem Leithengst erzogen werden, mit seinen Kameraden spielen und toben, Scheinkämpfe und Rennen veranstalten, seinen Platz erkämpfen und halten. Das alles braucht das junge Pferd um seelisch und physisch gesund aufzuwachsen. Es ist ein natürliches Bedürfnis, es ist notwendig. Warum wird das nicht respektiert? Warum werden die Fohlen von dem ersten Tag an, ihrer Rechte beraubt? Warum werden sie in der Regel mit 6 Monaten von der Mutter getrennt? Die wichtigste Voraussetzung für die artgerechte Pferdehaltung ist Herdenhaltung unter einem guten Leithengst. Das Pferd als Fluchttier kann sich psychisch nur entspannen und ausruhen wenn es in jedem Augenblick fühlt dass die ranghöheren Tiere, Leitstute oder Leithengst wachen, aufpassen, rechtzeitig warnen wenn Gefahr droht und es notfalls verteidigen. Das Jungpferd kann der weilen „in aller Ruhe“ weiden, spielen, dösen oder schlafen. Die Pferde die dieses nie kennen lernen, können es nie, und sind in der Regel sehr nervös.
Nach den Erfahrungswerten aus z.B. Mustang-Reservaten sollte eine Herde mindestens sechs Tiere umfassen. Eine zweite wichtige Voraussetzung für artgerechte Pferdehaltung, die mit der ersten Voraussetzung in der engen Verbindung steht ist die Weite der Weiden. Es ist ein Bedürfnis von dem Pferd regelmäßig seine Ausdauer, seine Herz- und Lungentätigkeit und den Blutkreislauf zu trainieren. Es ist ein Bedürfnis um gesund zu bleiben. Die Weiden bei uns sind erbärmlich klein. Die sind eine Zumutung und keinesfalls eine Wohltat für das Pferd. Oh, immer noch besser als Box, ganz klar aber nicht mal im Ansatz genug. Es ist Zeit umzudenken, es ist dringend notwendig hier etwas zu verändern. Man sollte die Weiden so abwechslungsreich wie möglich gestallten, durch Baum und Buschpflanzungen mit Hügeln und Gräben. Und man sollte den Pferden mindestens einen zusammenhängenden Rennweg von wenigstens 5000 m ständig offen halten. Um nur einen Einblick in das zu geben, was eine artgerechte Haltung für die Pferde heißen würde hier ein Beispiel: zwanzig bis dreißig Pferde mit etwa 20 Rinder auf 150 bis 500 Hektar hügeligem, Baum- und Buschbewachsenem Land ganzjährig draußen selbstverständlich. Und wenn sich das jetzt als unglaublich viel anhört, dann sollte das nur eine weitere Alarmglocke auslösen, die zeigt, wie schlimm es um unsere Vorstellung mit der artgerechten Pferdehaltung steht.
Das Pferd ist ein Fluchttier, es muss seinen Fluchttrieb, seine Fluchtreflexe und seine physische Beweglichkeit genauso entwickeln und bewahren wie seine Entspannungsphasen. Aus dem Grund sind Fohlenspiele wichtig, aber noch wichtiger sind große Weiden, die groß genug sind um die Pferde im Verband zum Rennen, auch über längere Distanzen – einzuladen, um die eigentlichen Fluchtreflexe, die Ausdauer und den Raumgriff zu fördern. Wenn ein Pferd das Vertrauen in seine eigene Fliehfähigkeit verliert, in die psychische weil es sich angebunden, eingesperrt oder festgehalten fühlt, oder in die physische, weil es verletzt ist, lahmt, unterernährt ist oder überfüttert, chronisch unter- oder überfordert fühlt oder geritten wird, so das jede Bewegung Schmerzen erzeugt, verliert es erfahrungsgemäß seinen Lebenswillen und Lebensmut. Es gibt Pferde die innerhalb kurzer Zeit eingehen weil sie falsch behandelt werden. Man sagt dazu, dass die Pferde ihre Seele verlieren. Und in der Tat, schauen wir uns um, was gibt es Seelenloseres, Traurigeres zu sehen, als webende, koppende oder zungenstreckende Pferde? Werden wir so was unterstützen? Oder, leben wir mit dem Respekt vor diesen unvergleichlichen Wesen und geben ihnen ihre geraubten Bedürfnisse zurück. Mit Respekt und Liebe.
In Anlehnung an Sadko Solinski
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